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5. Oktober 2019: Ortstermin Dessau


Im September wurde in Dessau der zweite Museumsneubau eröffnet, der sich zum hundertjährigen Gründungsjubiläum der deutschen Vorzeigeinstitution Bauhaus widmet. Gegründet 1919 in Weimar – dort wurde im April das erste Bauhaus Museum übergeben – konnte die wegweisende Kunstschule von 1925 bis 1932 in der seinerzeit fortschrittlichen Industriestadt Dessau ihre größte Wirkung entfalten, wenngleich neuerlich politisch angefeindet. Hier sind seine ikonischen Bauten wie das Lehrgebäude und die Meisterhäuser lokalisiert oder auch die Demonstrativsiedlung in Törten. In Berlin, am letzten und 1933 dann selbst aufgelösten Bauhaus-Standort, muss man noch warten: Dort sollen das generalsanierte Bauhaus-Archiv und ein Erweiterungsbau 2022 der Öffentlichkeit übergeben werden.


In Weimar wie Dessau beschritt man für die Architektur der ähnlich großen (und teuren) Häuser den langen Weg eines zweistufigen internationalen Wettbewerbs. Aus jeweils mehreren Hunderten erster Entwürfe wurden jeweils etwa 30 in die zweite Stufe zugelassen, beide Verfahren verlangten nach Abschluss weitere Überarbeitungen und Qualifikationsnachweise bis zum finalen Entscheid. Beiden Städten bescherten die Wettbewerbe unerfahrene Architekt*innen: die Berlinerin Heike Hanada, die in Weimar reüssierte, hatte Wettbewerbs- und Lehrerfahrung aufzubieten, aber überhaupt noch nichts gebaut. Auch das in Dessau beauftragte Büro Addenda Architects (Roberto González, Anne Hinz, Cecilia Rodríguez, Arnau Sastre und José Zabala) tat sich erst 2015 in Barcelona für den Wettbewerb zusammen.


Der Dessauer Museumsbau versucht, sich mit Urfragen einer architektonischen Moderne, etwa Tragen und Lasten, Transparenz und geschlossenes Volumen, fließender Raum und konstruktive Struktur, zu befassen. In einem, nach aktueller Vorschrift in bedruckter Dreifachverglasung ausgeführten, kaum noch transparenten Glashaus schwebt die knapp hundert Meter lange Black Box des Ausstellungsgeschosses. In dessen dunklem Inneren zeigt sich eine inhaltlich wie inszenatorisch hoch intelligente Ausstellung. Sie greift auf die 1976, zum 50-jährigen Jubiläum des Bauhausgebäudes initiierte Sammlung der DDR zurück, die Netzwerke ehemaliger Bauhäusler seit den späten 1940er Jahren vorbereiteten. Gegliedert durch die lange orangefarbene „Fabrik“ großformatiger Bauhausprodukte wird auf Tischen zu beiden Seiten „die Schule“, die Arbeit am Bauhaus ausgelegt. Lehrer-Schüler-Paare wie László Moholy-Nagy und Marianne Brandt stehen für Experimente mit Licht und Realsierungen zur Architekturbeleuchtung, Hannes Meyer und Konrad Püschel für eine lang nachhallende Prägung sozialistischer Bauproduktion.


Die Planerinnen besichtigten neben dem Museum das Bauhausgebäude sowie die Meisterhäuser. Fürdas kriegszerstörte Haus Gropius und die Doppelhaushälfte Moholy-Nagy entschied man sich zu einerkünstlerischen Interpretation ihrer vormaligen Volumen und städtebaulichen Setzung, laut den BerlinerArchitekt*innen Bruno-Fioretti-Marquez mit der „Präzision der Unschärfe“. Im Doppelhaus Kandinsky/Klee erhielten die Innenräume, pünktlich zum Jubiläum, ihre originalen Farbfassungen gemäß historischem Befund zurück.Insgesamt ein mehrstündiges Programm für die Planerinnen, das Diskussionen und Erkenntnisse bot – auch über die Stadt Dessau, die von den neuen touristischen Impulsen profitieren möge.




Bettina Maria Brosowsky  03/11/2019